Bislang waren leitende Angestellte weitgehend von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung befreit. Neue Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und eine geplante Gesetzesänderung stellen dies jedoch infrage. Bildquelle: elvtimemaster / pixabay.com

Arbeitszeiterfassung für Führungskräfte: zwischen Vertrauen und Pflicht

Seit dem EuGH-Urteil von 2019 steht fest: Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten verlässlich erfassen (der VFF berichtete). Doch was als Schutzmaßnahme gedacht war, wirft für Führungskräfte neue Fragen auf. Müssen auch sie künftig jede Stunde dokumentieren – oder bleibt das Prinzip der Vertrauensarbeitszeit bestehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Beitrag in den ULA-Nachrichten (Oktober 2025), in dem der stellvertretende VAA-Hauptgeschäftsführer und Jurist Stefan Ladeburg aktuelle Entwicklungen einordnet.

Bislang waren leitende Angestellte weitgehend von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung befreit. Neue Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und eine geplante Gesetzesänderung stellen dies jedoch infrage. Nach Einschätzung von Ladeburg sieht der Koalitionsvertrag vor, dass Vertrauensarbeitszeit – wie sie für Führungskräfte üblich ist – auch künftig im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich bleiben soll. Was das konkret bedeutet, ist allerdings noch offen.

Mit der BAG-Entscheidung vom 13. September 2022 wurde die allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung im Arbeitsschutzgesetz verankert (Mehr dazu auch in unserem VFF-Podcast und in folgendem Artikel – ohne ausdrückliche Ausnahme für Führungskräfte. Politische Signale deuten jedoch darauf hin, dass leitende Angestellte auch künftig ausgenommen bleiben könnten. Entscheidend sei, so Ladeburg, dass die Neuregelung im Arbeitszeitgesetz selbst verankert wird, um Vertrauensarbeitszeit rechtlich abzusichern.

Ladeburg verweist zudem auf Spielräume: Arbeitgeber könnten die Zeiterfassung an Beschäftigte delegieren, solange die Vorgaben des Arbeitsschutzes eingehalten werden. So lasse sich Vertrauensarbeitszeit weiterhin mit Transparenz und Kontrolle verbinden.

Ein verbreitetes Missverständnis betrifft die Vergütung. Ladeburg betont, dass die Zeiterfassung allein dem Gesundheitsschutz dient, nicht der Bezahlung von Überstunden. Führungskräfte erhielten meist eine tätigkeitsbezogene Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen; nur bei einem deutlichen Missverhältnis könne ein Ausgleichsanspruch entstehen.

Positiv bewertet der VAA den Vorschlag, die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. Das würde mehr Flexibilität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen – sofern gesundheitliche Grenzen gewahrt bleiben. Unternehmen, die unter dem Deckmantel der Vertrauensarbeitszeit steigende Arbeitslasten dulden, hält Ladeburg dagegen für ungeeignet. Hier brauche es klare Erfassungspflichten.

Am Ende geht es nicht nur um Paragrafen, sondern um Balance: zwischen Vertrauen, Verantwortung und Gesundheitsschutz. Führung braucht Freiheit – aber auch faire und klare Regeln.

Den ausführlichen Beitrag finden Sie in den ULA-Nachrichten von Oktober 2025.

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